Um ein stabiles Fahrverhalten bei Bremsungen und Beschleunigungsvorgängen zu gewährleisten, wird vom ABS/ASC-Steuergrät der Längsschlupf betrachtet.
Das DSC-System betrachtet zusätzlich die Einwirkungen der Querdynamik, das heißt bei Kurvenfahrt eventuell auftretende Instabilitäten des Fahrzeugs und leitet stabilisierende Maßnahmen ein.
Im E46 mit 2,8 l Motor wird die DSC III als Sonderausstattung angeboten.
Das DSC III-System im E46 beinhaltet folgende Komponenten:
- Hydraulikeinheit mit Steuergerät (wie beim ASC zusammengefaßt)
- 4 Raddrehzahlsensoren mit dazugehörigen Impulsrädern
- Vorladepumpe
- Tandem-Hauptbremszylinder
- Lenkradwinkelsensor (LWS)
- Gierratensensor
- Querbeschleunigungssensor
- 2 Bremsdrucksensoren
- Bremslichtschalter (BLS)
- Bremsflüssigkeits-Nieveauschalter
- DSC-Taster
- Kombi mit ABS/DSC/ABL-Kontrolleuchten
- DME mit Zündspule und Einspritzventilen
- Adaptive Getriebe-Steuerung (AGS), optional
- CAN-Bus
- Kabelbaum
Beim DSC III sind - wie beim ASC Mk20 EI - das Steuergerät und die Hydraulik zu einer Einheit zusammengefaßt. Beide Komponenten können im Reparaturfall einzeln getauscht werden.
Das elektronische Steuergerät entspricht im Grundaufbau und Funktion dem ASC Mk20EI.
Zusätzlich zu den ABS/ASC Regelfunktionen übernimmt es die entsprechenden DSC-Funktionen. Um eine DSC-Regelung vornehmen zu können, wertet das Steuergerät zusätzlich folgende Sensor-Signale aus:
- Giergeschwindigkeit durch Gierratensensor
- Querbeschleunigung durch Querbeschleunigungssensor
- Lenkradwinkel durch Lenkradwinkelsensor
Die beiden Bremsdrucksensoren und der Bremsflüssigkeits-Niveauschalter liefern weitere Signale, die u.a. während einer Regelung herangezogen werden.
Über den CAN-Bus kommuniziert das Steuergerät mit der DME bezüglich Motoreingriff, der AGS, und dem Lenkradwinkelsensor und dem Kombiinstrument.
Die DSC- und ABL-Kontrollampen werden ebenfalls über den CAN-Bus aktiviert.
Bei einer DSC Regelung kann der Bremseneingriff an der Vorder- oder Hinterachse vorgenommen werden. Aus diesem Grund wurden in die Hydraulikeinheit zwei zusätzliche Magnetventile integriert:
Die Hydraulikeinheit besteht aus einem Aluminiumblock, der 12 Magnetventile und die ABS-Rückförderpumpe aufnimmt:
- 4 Einlaßmagnetventile
- 4 Auslaßmagnetventile
- 2 Trennventile mit integriertem Überdruckventil
- 2 Umschaltmagnetventile
Die Einlaßmagnetventile und Trennmagnetventile sind stromlos geöffnet.
Die Auslaßmagnetventile und Umschaltmagnetventile sind stromlos geschlossen.
Mit dieser Logik ist sichergestellt, daß auch im Falle eines Steuergerätedefekts die Bremse voll funktionsfähig bleibt.
Die im Vorderachsbremskreis befindlichen Umschalt- und Trennmagnetventil ermöglichen einen Bremseneingriff an der Vorderachse während einer DSC-Regelung.
Die Pumpe sorgt während einer ABS-Regelbremsung für die Rückförderung der Bremsflüssigkeit in den Hauptbremszylinder; bei einer ASC-/DSC-Regelung mit Bremseneingriff baut sie den erforderlichen Bremsdruck auf und fördert das Volumen zurück in den Hauptbremszylinder.
Der Bremslichtschalter (aktiv) ist erforderlich, um eine Betätigung der Bremse während einer ASC-Regelung zu erkennen und die ASC Regelung daraufhin abzubrechen. Während einer DSC-Regelung dient er zusammen mit den Drucksensoren zur Erkennung einer überlagerten Einbremsung durch den Fahrer.
Im ABS-Betrieb wird das Bremslichtschalter-Signal als Eingangsgröße verwendet und der Regelkomfort erhöht.
Das System arbeitet mit 4 aktiven Raddrehzahlsensoren.
Drehzahlsignalausgänge: Die Drehzahlsignale hinten links und hinten rechts werden von den entsprechenden Drehzahlfühlern erfaßt, im Stewuergerät aufbereitet und als Rechtecksignal wieder ausgegeben.
Das Drehzahlsignal hinten links wird als Geschwindigkeitssignal im Instrumentenkombi verwendet.
Das Drehzahlsignal hinten rechts dient als Eingangssignal für andere Steuergeräte, z.B. AGS.
Der Bremsflüssigkeits-Niveauschalter überwacht den Flüssigkeitsstand im Ausgleichbehälter. Bei i.O. ist der Schalter geschlossen (Masse).
Unterschreitet der Flüssigkeitsstand einen bestimmten Wert, wird die Vorladepumpe im DSC-Betrieb abgeschaltet.
Über den DSC-Taster können die ASC/DSC-Funktion deaktiviert bzw. aktiviert werden.
Wird das Fahrzeug mit deaktiviertem DSC abgestellt (Motor aus), ist bei erneutem Einschalten der Klemme 15 das DSC-System wieder aktiv.
Der Lenkradwinkel-Sensor ist am unteren Ende der Lenkspindel verbaut.
Der Sensor besitzt einen 6-poligen Stecker, der wie folgt belegt ist:
- Pin 1: Klemme 30
- Pin 2: Zündspannung mit Nachlauf (Klemme 87)
- Pin 3: CAN-high
- Pin 4: CAN-low
- Pin 5: Masse
- Pin 6: Diagnoseleitung
Meßprinzip: Der Sensor ist ein Potentiometer mit zwei um 90 Grad versetzten Schleifern. Das Potentiometersignal wird ausgewertet und in ein digitales Protokoll (CAN) umgesetzt.
Die Sensorsignale liefern eine Lenkradwinkelgröße, die eine volle Lenkradumdrehung abdeckt. Nach jeweils 360 Grad wiederholt sich das Signal, es werden dann die Spannungssprünge ausgewertet und so die Lenkradumdrehungen ermittelt.
Der Gesamtwinkel wird so durch das Sensorsignal, den gespeicherten Lenkradwinkel-Offset und durch die Lenkradumdrehungen ermittelt.
Der Lenkradwinkelsensor ist jeweils fest dem Fahrzeug zugeordnet. So werden falsche Signale durch einen nicht zum Fahrzeug gehörenden Sensor, z. B. bei Tausch vermieden.
Wird ein Sensor getauscht, muß aus diesem Grund stets ein Lenkradwinkel-Offset durchgeführt werden, andernfalls bleibt die ASC/DSC-Fubktion stillgelegt. Um die Gefahr eines unbemerkten Tausches zu reduzieren, wird vom LWS über den CAN-Bus die Fahrgestellnummer vom Kombu abgefragt.
Bei Spannungseinbrüchen an der Klemme 30, z.B. Abklemmen der Fahrzeugbatterie, oder Ausbau des LWS, geht die Information über die gespeicherten Lenkradumdrehungen verloren. Damit der Kunde nicht gezwungen ist, den LWS neu initialisieren zu lassen, wird durch statistische Auswertung der Vorderradgeschwindigkeit die aktuelle Lenkradumdrehung ermittelt.
Am Bandende bzw. in der Werkstatt wird nach Sensortausch (oder Arbeiten an der Lenksäule/Lenkung) ein Nullabgleich (Offset) mittels Diagnose durchgeführt (Vorderräder in Geradeausstellung).
Beim Offset wird die Lenkrad-Mittelstellung dauerhaft im EEPROM als Startwert gespeichert. Der Offset ist die Basis für die einwandfreie Funktion des LWS.
Zusätzlich zum Offset wird während der Fahrt kontinuierlich von der DSC III-Logik die Lenkungs-Nullage ermittelt.
Die LWS-Informationen dienen zur Ermittlung der Kurvengeschwindigkeit und des Lenkverhalten des Fahrers. Der LWS liefert über den CAN-Bus auch Signale an andere Systeme.
Der Querbeschleunigungssensor ist in der linken A-Säule verbaut. Die dreipolige Steckverbindung zum DSC-Kabelbaum hat folgende Pinbelegung:
- Pin 1: Sensorsignal
- Pin 2: Masse
- Pin 3: Sensorversorgungsspannung (5 Volt)
Meßbereichs- und Abgleichwerte: Analogspannung von 0,5 bis 4,5 Volt. Der Offset-Wert beträgt 1,8 Volt (Fahrzeugstillstand).
Meßprinzip: Es handelt sich um einen kapazitiven Sensor.
Funktion im DSC III-System: Die gemessene Querbeschleunigung wird als Hilfsgröße für die Ermittlung der Soll-Gierrate benutzt. Dies Gierrate entspricht beim Erreichen der Kurvengrenzgeschwindigkeit einer noch stabilen Kurvenfahrt bei den jeweils vorliegenden Fahrbahnbedingungen.
Die beiden Drucksensoren befinden sich im Hauptbremszylinder. Der dreipolige Stecker hat folgende Anschlüsse: Masse, Signalspannung, Versorgungsspannung (5 Volt).
Meßbereich und Abgleich: Die Sensoren liefern eine Analogspannung, die einem Meßbereich von 0 bis 250 bar entspricht. Der Abgleich des Nullpunkts erfolgt über die Diagnose. Zusätzlich wird kontinuierlich über die DSC der Nullpunkt korrigiert.
Meßprinzip: Kapazitive Sensoren.
Funktion im DSC III-System:
Verwertung der Information zur Erkennung und Umsetzung des Bremswunsches, wenn während der Regelung die Bremse betätigt wird.
Das Drehratensignal (Giergeschwindigkeit) entspricht der Drehgeschwindigkeit um die Fahrzeug-Hochachse.
Der Drehratensensor ist unter dem Fahrersitz montiert. Der dreipolige Stecker hat folgende Anschlüsse: Masse, Signalspannung, Versorgungsspannung 5 Volt.
Meßprinzip: Quarz-Stimmgabel System
Funktion im DSC III-System:
Die gemessene Drehgeschwindigkeit (Gierrate) wird mit dem Wunsch des Fahrers (Lenkradwinkel-, Fahrzeuggeschwindigkeits- und Querbeschleunigungs-Information) verglichen. Bei Bedarf korrigiert die DSC die Fahrzeugdrehgeschwindigkeit durch gezielten Bremseneingriff an Vorder- oder Hinterachse sowie Motormomentbeeinflussung.
Durch dieses Eingreifen wird bei allen Fahrbedingungen (Bremsen, Vortrieb, Freirollen) ein stabiler Fahrzustand innerhalb der physikalischen Grenzen erreicht.
Zur Überwachung der verschiedenen DSC III-Funktionen, sind der DSC im Kombiinstrument folgende Kontrollampen zugeordnet:
- ABS-Lampe (ABS-Fehlerlampe)
- DSC-Lampe (DSC-Fehlerlampe)
- ABL-Lampe (allgemeine Bremswarnleuchte)
Die Ansteuerung und Funktionsanzeige der Lampen ist identisch zum ASC. Der Unterschied liegt in der DSC-Lampe anstelle der ASC-Lampe (gleiches Symbol). Die DSC-Lampe übernimmt die Kontrollfunktion für DSC und ASC.
Das DME-Steuergerät setzt die Anforderungen von ASC und DSC zur Reduzierung/Anheben des Motordrehmoments um.
Das AGS erhält im Regelfall eine Information vom DSC-Steuergerät um durch eine andere Schaltkennlinie störende Pendelschaltungen zu vermeiden.
Die DSC ist über den CAN-Bus mit der DME, AGS, dem Kombiinstrument und dem LWS verbunden. Über diesen Datenbus kommuniziert die DSC mit den anderen Steuergeräten.
Bei einer DSC-Regelung mit Bremseneingriff wird dieser mit einem Bremsvordruck gestartet. Der Bremsvordruck wird mit einer Vorladepumpe aufgebaut. Im Regelfall wird die Pumpe durch das DSC-Steuergerät aktiviert.
Die Vorladepumpe saugt Bremsflüssigkeit aus dem Ausgleichsbehälter und fördert sie in den Druckstangenkreis des Hauptbremszylinders. Dabei wird in diesem und bis zur ABS-Rückförderpumpe ein Druck von maximal 10 bar aufgebaut.
Dieser Druck ist der erforderliche Vorladedruck, um unter allen Bedingungen den erforderlichen Bremsdruck aufzubauen.
Mit der Aktivierung der Klemme 15 führt das DSC-Steuergerät einen Selbsttest durch. Danach wird die gesamte Peripherie geprüft. Dieser Test ist bis max. 30 km/h abgeschlossen.
Die ASC-Regelfunktion läuft weitgehend wie bekannt ab. Wird ein Bremseneingriff während einer DSC-Regelung durchgeführt, läuft dieser grundsätzlich ähnlich ab wie bei ASC. Beim DSC-System kann jedoch der Bremseneingriff sowohl an den Rädern der Hinter- wie Vorderachse erfolgen. Es wird immer nur ein Rad der entsprechenden Achse abgebremst.
Mit folgenden Eingriffen kann das Motordrehmoment verändert werden:
- Reduzierung der angesaugten Luftmasse
- Zündwinkelverstellung nach spät
- Zylinderausblendung
Beispiel des Bremseneingriffs bei Kurvenfahrt durch das DSC-System:
Fahrt durch eine Rechtskurve: Beim Übersteuern dreht das Fahrzeug in die Kurve ein. Durch gezielten Aufbau einer angepaßten Bremskraft am linken Vorderrad wird dem sich aufbauenden Giermoment ein Gegenmoment produziert. Damit wird das Fahrzeug wieder stabilisiert.
Um den optimalen Bremsdruck am Radbremszylinder aufzubauen, erfolgt die Regelung in den Phasen Druckaufbau, Druckhalten, Druckabbau.
Welches Rad an Vorder- oder Hinterachse abgebremst wird, ist davon abhängig ob das Fahrzeug unter- oder übersteuert.
Ein starkes Untersteuern wird durch die Abbremsung des kurveninneren Hinterrades vermieden, im genannten Beispiel wäre dies das rechte Hinterrad.
Je nach Fahrzustand kann auch das gleichseitige Rad der anderen Achse geringfügig mit abgebremst werden.
Das DSC III-Steuergrät überwacht anhand der Sensorsignale die Fahrzeugstabilität. Gerät das Fahrzeug in den fahrdynamischen Grenzbereich, entscheidet das Steuergerät, ob eine ABS-Regelung, eine ASC-Regelung oder eine DSC-Regelung mit bzw. ohne Bremseneingriff an Vorder- und/oder Hinterachse erfolgen muß.
Ermittelt das Steuergerät aus den Größen Lenkradwinkel, Radgeschwindigkeit, Querbeschleunigung und Gierrate eine Instabilität des Fahrzeugs, so erfolgt ein stabilisierender Eingriff.
Der DSC Regeleingriff kann als
- Motoreingriff oder
- Motoreingriff mit Bremseneingriff oder
- Bremseneingriff erfolgen.
Bei einem DSC-Regeleingriff wird nur bei untersteuerndem Fahrzeug in das Motormanagement eingegriffen. In dieser Situation sind die 4 Einlaßmagnetventile und die 2 Trennmagnetventile stromlos geöffnet. Die 4 Auslaßmagnetventile mit den 2 Umschaltmagnetventilen sind stromlos geschlossen. Somit ist eine normale Bremsung möglich.
Druckaufbau am Beispiel Rechtskurve und Rad vorne links:
Wie schon erwähnt wird bei einer DSC-Regelung der Druck immer mit Unterstützung der Vorladepumpe aufgebaut. Ausnahme nur bei einer überlagerten Fahrerbremsung.
Folgende Komponenten werden beim Druckaufbau vorne links elektrisch angesteuert:
- Vorladepumpe
- Einlaßventil rechts vorne , Einlaßventil rechts hinten (Einlaßventil hinten links geschlossen)
- Trennmagnetventil Vorderachsbremskreis geschlossen
- Umschaltmagnetventil Vorderachs-Bremskreis geöffnet
- ABS Rückförderpumpe
In der Druckhalten-Phase muß zu den beim Druckaufbau angesteuerten Systemkomponenten, zusätzlich das Einlaßmagnetventil vorne links geschlossen werden. das Umschaltventil wird geschlossen.
Druckabbau:
In dieser Phase wird das Auslaßmagnetventil vorne links angesteuert. Die so eingeschlossene Bremsflüssigkeit kann in den Niederdruckspeicher entweichen und wird von der Rückförderpumpe angesaugt. Das Volumen gelangt somit bei erneutem Druckaufbau in einen der Radbremszylinder oder andernfalls in den Hauptbremszylinder.