Elektromechanische Servolenkung

Elektromechanische Servolenkung

Mit dem E92 setzt eine elektromechanische Servolenkung (EPS: Electronic Power Steering) im BMW 3er ein. Dabei läuft die EPS mit dem Dieselmotor M57TU2 in 09/2006 an. Nach und nach setzt die EPS als CO2-Maßnahme in allen weiteren Modellen ein.

Die elektromechanische Servolenkung (EPS) unterscheidet sich zu einer herkömmlichen Hydrolenkung durch die Lenkkraftunterstützung. Die EPS unterstützt den Fahrer durch einen elektrischen Stellmotor statt durch einen hydraulischen Antrieb.
Der Stellmotor ist nur aktiv, wenn gelenkt wird. Dadurch nimmt der Stellmotor bei Geradeausfahrt keine Leistung auf.

Die elektromechanische Servolenkung bietet folgende Vorteile:

Beim E92 ist der Antrieb für die EPS achsparallel angeordnet. Die achsparallele Anordnung hat Vorteile gegenüber Anordnungen am Ritzel oder an der Lenksäule. Die achsparallele Anordnung hat Vorteile hinsichtlich der erreichbaren Spurstangenkräfte, des Schwingungsverhaltens sowie der Akustik.

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Erklärung

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1

Zahnstange

2

Lenkmomentsensor

3

Steuergerät

4

Stellmotor

5

Untersetzungsgetriebe

 

 


Bauteil-Kurzbeschreibung

Folgende Bauteile für die elektromechanische Servolenkung werden beschrieben:

Servoeinheit

Die Servoeinheit besteht aus folgenden Bauteilen:

Das EPS-Steuergerät ist ein Teil der elektromechanischen Servolenkung. Das EPS-Steuergerät ist mit 2 Steckverbindungen am Bordnetz angeschlossen.
Der Lenkmomentsensor ist über eine weitere Steckverbindung am EPS-Steuergerät angeschlossen.

Im EPS-Steuergerät sind mehrere Kennlinien für die Servounterstützung, aktive Lenkradrückstellung sowie die Dämpfungscharakteristik gespeichert. Die aus den Eingangsgrößen berechneten Werte ergeben zusammen mit der jeweiligen Kennlinie die notwendige Lenkkraftunterstützung.

Der Sicherungsträger hinten (Gepäckraum) versorgt die Servoeinheit mit Klemme 30.

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1

Stellmotor

2

EPS-Steuergerät

3

Steckverbindung zum Lenkmomentsensor

4

Steckverbindung zum Bordnetz


Stellmotor mit Motorlagesensoren

Der Stellmotor ist ein kollektorloser, synchroner Gleichstrommotor (Permanentmagnet). Der Stellmotor treibt das Untersetzungsgetriebe an. Dadurch wird die Leistung des Stellmotors auf die Zahnstange übertragen.

Auf der Platine des Steuergeräts sind 2 Motorlagesensoren (Redundanz). Beide Sensoren nutzen das Prinzip des Halleffekts (Hallsensor mit Magnetrad). Das Magnetrad ist auf der Motorwelle befestigt.
Der Motorlagesensor 1 ermittelt die Position des Stellmotors. Der Sensor liefert ein Sinussignal und ein Cosinussignal. Aus den Signalen wird die Rotorposition des Stellmotors ermittelt. Der Motorlagesensor 2 dient der Überwachung (Plausibilisierung).
Beide Sensoren werden vom EPS-Steuergerät mit Spannung versorgt.

Untersetzungsgetriebe

Das Untersetzungsgetriebe überträgt die Leistung des Stellmotors auf die Zahnstange. Das Umdrehungsverhältnis zwischen Stellmotor und Lenkrad beträgt ca. 21:1.

Das Untersetzungsgetriebe besteht aus einem Riementrieb und einem Kugelgewindetrieb. Der Kugelgewindetrieb hat eine Steigung von 7 mm pro Umdrehung.
Der Stellmotor treibt den Zahnriemen an. Der Riementrieb hat eine Untersetzung von 2,85:1. Der Zahnriemen treibt den Kugelgewindetrieb an. Der Kugelgewindetrieb verfügt über eine interne Kugelrückführung (5 Umläufe). Der Kugelgewindetrieb ist geräuschoptimiert.

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1

Antriebswelle Stellmotor

2

Zahnriemen

3

Zahnstange

4

Kugelkette


Lenkmomentsensor

Der Lenkmomentsensor erfasst digital das vom Fahrer aufgebrachte Lenkmoment. Der Arbeitsbereich beträgt 4 Lenkradumdrehungen (entspricht 1440°).

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1

Ritzel mit Torsionsstab

2

Lenkmomentsensor

Im Lenkmomentsensor sind 2 Sensoren (Redundanz). Beide Sensoren nutzen das Prinzip des Halleffekts (Hallsensor mit Magnetrad).

Durch das Lenkmoment verwindet sich der Torsionsstab. Dabei überträgt der Torsionsstab das Lenkmoment auf das Ritzel.
Beide Sensoren liefern je ein Sinussignal und ein Cosinussignal. Aus den Signalen wird das aufgebrachte Lenkmoment des Fahrers ermittelt. Die beiden Sensoren arbeiten unabhängig voneinander. Der 2. Sensor ist wegen der höheren Verfügbarkeit des Systems vorhanden (Redundanz).
Die Sensoren digitalisieren die ermittelten Daten. Die Signale werden über eine redundante Zweidrahtverbindung übertragen.
Beide Sensoren werden vom EPS-Steuergerät mit Spannung versorgt.

Folgende weitere Steuergeräte kommunizieren mit der elektromechanischen Servolenkung:

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1

Lenkmomentsensor

2

EPS-Steuergerät

3

Digitale Motor Elektronik (DME) oder Digitale Diesel Elektronik (DDE)

4

Dynamische Stabilitäts-Control (DSC)

5

Junction-Box-Elektronik (JBE)

6

Schaltzentrum Lenksäule (SZL)

7

Instrumentenkombination (KOMBI)

8

Car Access System (CAS)

F-CAN

Fahrwerks-CAN

K-CAN

Karosserie-CAN

Kl. 15 WUP

Klemme 15 Weckleitung (Wake-up)

PT-CAN

Powertrain-CAN


DSC: Dynamische Stabilitäts-Control

Das Fahrstabilitätsregelsystem liefert die Fahrgeschwindigkeit als Bus-Signal. Dazu ist das entsprechende Steuergerät durch den PT-CAN (Powertrain-CAN) mit der EPS verbunden.

SZL: Schaltzentrum Lenksäule

Im Schaltzentrum Lenksäule (SZL) ist der Lenkwinkelsensor integriert. Der Lenkwinkelsensor liefert als Signal den Lenkwinkel. Das Lenkwinkelsensorsignal wird gegen das Signal des Motorlagesensors plausibilisiert. Bei zu großer Abweichung wird die Lenkkraftunterstützung mit Fehlerspeichereintrag abgeschaltet.
Den Lenkwinkel und die Lenkwinkelgeschwindigkeit berechnet die EPS aus dem Signal des Motorlagesensors. Das Signal des Lenkwinkelsensors wird nur zur Initialisierung und Plausibilisierung benötigt.

Das Schaltzentrum Lenksäule ist über den PT-CAN angeschlossen.

DME und DDE: Digitale Motor Elektronik oder Digitale Diesel Elektronik

Die Motorsteuerung liefert das Signal ”Motor läuft” auf dem PT-CAN. Für bestimmte Betriebsbedingungen (z. B. Motorstart) wird als Signal die Motordrehzahl benötigt.

KOMBI: Instrumentenkombination

Bei Ausfall der elektromechanischen Servolenkung (EPS) erscheint im LC-Display ein gelbes Check-Control-Symbol. Gleichzeitig leuchtet die feste Kontrollleuchte in der Instrumentenkombination.
Das Check-Control-Symbol hat folgende Bedeutung:
”EPS ohne Funktion”

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1

Instrumentenkombination

2

Kontrollleuchte und Check-Control-Symbol

Mögliche Ursachen für das Aufleuchten der Check-Control-Meldung können sein:


Systemfunktionen

Folgende Systemfunktionen sind für die elektromechanische Servolenkung (EPS) beschrieben:

Lenkkraftunterstützung

Im System integriert ist die Servotronic, die elektronische Regelung der geschwindigkeitsabhängigen Lenkkraftunterstützung. Das EPS-Steuergerät ermittelt die erforderliche Lenkkraftunterstützung aus verschiedenen Eingangsgrößen.

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1

Moment der Lenkkraftunterstützung

2

Fahrgeschwindigkeit

3

vom Fahrer aufgebrachtes Lenkmoment

 

 

Im Steuergerät sind Kennfelder für die Unterstützungs- und Dämpfungscharakteristiken hinterlegt. Die aus den Eingangsgrößen berechneten Werte ergeben zusammen mit der Kennlinie die notwendige Lenkkraftunterstützung. Vom Stellmotor und dem Untersetzungsgetriebe wird die Lenkkraftunterstützung erbracht.

Wichtige Eingangsgrößen für die Lenkkraftunterstützung sind:

Die EPS passt die Abweichung der Signale vom Motorlagesensor und Lenkwinkelsensor an (z. B. gekrümmte Fahrbahn bei Geradeausfahrt).

Aktive Lenkungsrückstellung

Die aktive Lenkungsrückstellung führt die Lenkung nach einer Kurve wieder in Geradeausstellung zurück, sobald der Fahrer kein Lenkmoment mehr aufbringt. Dazu benötigt das EPS-Steuergerät den Lenkwinkel vom Lenkwinkelsensor. Die aktive Lenkungsrückstellung stellt einen harmonischen Rücklauf der Lenkung über die gesamte Betriebstemperatur sicher. Speziell bei kalten Temperaturen ist eine aktive Lenkungsrückstellung aus den Endpositionen wichtig. Dadurch erhöht sich der Bedienkomfort.

In die aktive Lenkungsrückstellung ist eine Schlingerdämpfung integriert.

Aktive Fahrbahnrückmeldung

Informationen zur Fahrbahn sind z. B. Reibwertänderungen oder Beschaffenheit. Die EPS vermittelt diese Information durch eine Änderung des Lenkmoments.

Aus den folgenden Größen wird die Beschleunigung an der Vorderachse berechnet:

Daraus wiederum berechnet die EPS einen Anteil des Lenkmoments für die aktive Fahrbahnrückmeldung.

Überspannungserkennung und Unterspannungserkennung

Bei Überspannung größer als 17 Volt schaltet die Lenkkraftunterstützung ab. Das EPS-Steuergerät speichert einen Fehler. Ein Check-Control-Symbol in der Instrumentenkombination leuchtet auf. Wenn die Spannung wieder auf unter 16 Volt sinkt, kehrt die Lenkkraftunterstützung auf den momentan geforderten Wert zurück. Das Check-Control-Symbol erlischt, wenn 100 % der geforderten Lenkkraftunterstützung erreicht werden.

Bei einer Unterspannung kleiner als 10,5 Volt wird die Motorleistung linear bis 9 Volt reduziert. Unter 9 Volt findet keine Lenkkraftunterstützung mehr statt. Die Check-Control-Meldung wird bei 40 % der Lenkkraftunterstützung ausgegeben (mit Fehlerspeichereintrag). Wenn die Spannung wieder auf über 10 Volt steigt, kehrt die Lenkkraftunterstützung auf den momentan geforderten Wert zurück. Das Check-Control-Symbol erlischt, wenn 100 % der geforderten Lenkkraftunterstützung erreicht werden.

Übertemperaturschutz

Als Übertemperaturschutz reduziert die EPS das Motor-Sollmoment in Abhängigkeit von der Endstufentemperatur zwischen 0 und 100 %. Dabei führt das EPS-Steuergerät die Reduzierung in folgenden Stufen durch:

Erkennung von Überlast

Die EPS erkennt Überlast beim Abdrücken von der Bordsteinkante. Dabei gehen folgende Signale in die Erkennung ein:

Endanschlag als Softwarefunktion

Die EPS hat als Softwarefunktion links und rechts einen Endanschlag. Dadurch werden die mechanischen Endanschläge (Puffer) vor frühzeitigem Verschleiß geschützt. Die Softwarefunktion benutzt folgende Signale zur Berechnung der Endanschläge:

Hinweise für den Service

Allgemeine Hinweise

Achtung! Endanschläge lernen.

Nach einem Tausch der Lenkung müssen die Endanschläge des Lenkgetriebes neu gelernt werden.
Fehlerhaft gelernte Endanschläge können zum schlagartigen Wegfall der Lenkkraftunterstützung im Endanschlag führen.

Folgende Bedingungen müssen beim Lernen der Endanschläge erfüllt sein:

  1. Fahrzeug steht auf ebener Fläche.
  2. Vorderräder für Lenkbewegungen frei.
  3. Motor läuft.
  4. Fahrzeug steht.
  5. Bremspedal nicht gedrückt und Feststellbremse nicht angezogen.
  6. Kein Fehlerspeichereintrag in der dynamischen Stabilitäts-Control (DSC) und dem Schaltzentrum Lenksäule (SZL).
  7. Kontrollleuchte und Check-Control-Symbol leuchten in der Instrumentenkombination.
  8. Lenkrad in Geradeausstellung.

Beim Lernen der Endanschläge muss das Lenkrad langsam einmal komplett nach links und rechts eingeschlagen werden. Die Lenkgeschwindigkeit muss unter 1 Lenkradumdrehung pro Sekunde liegen. In den Endanschlägen Lenkkraft langsam erhöhen, bis sich das Lenkrad nicht mehr weiterdreht.

Nach ca. 5 Sekunden erlöschen die Kontrollleuchte und das Check-Control-Symbol in der Instrumentenkombination.

Diagnosehinweise

Im BMW Diagnosesystem steht folgende Servicefunktion zur Verfügung:

Mit dieser Servicefunktion werden die Werte für die Endanschläge gelöscht (z. B. nach fehlerhaftem Lernen). Gleichzeitig wird die Abweichung zum Lenkwinkel gelöscht.

Hinweise zur Kodierung/Programmierung

Nach einem Tausch muss das EPS-Steuergerät kodiert werden.

Einschaltbedingungen und Abschaltbedingungen

Unter folgenden Bedingungen wird die Lenkkraftunterstützung aktiviert:

Wenn der Motor steht und die Fahrgeschwindigkeit 0 ist, wird die Lenkkraftunterstützung deaktiviert.

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